„Die entscheidende Rolle spielt die Schule.“

Interview mit Maximilian von Schwartz, Studienleiter am SINUS-Institut, zum Stand der Zugangsstudie.

Das SINUS-Institut ist mit einer Repräsentativbefragung Jugendlicher zur Teilnahme an internationalen Austauschmaßnahmen an der Zugangsstudie beteiligt.

Herr von Schwartz, welchen Fragen geht Ihre repräsentative Befragung nach?

von Schwartz: Das Projekt trägt ja den Namen „Warum nicht?!“ und bezieht sich dabei auf die zentrale Frage, warum manche Jugendliche nicht an Angeboten zu organisierten Auslandsfahrten teilnehmen. Wir möchten belastbare Daten zur Verfügung stellen, die es so vorher noch nicht gab. Das sind Zahlen zu den Teilnehmenden von Austauschformaten und darüber, was sie als besonders störend empfanden oder was sie überhaupt zur Teilnahme bewogen hat, ebenso wie Zahlen zu den Faktoren, die eine Teilnahme behindern bzw. hemmen. Mithilfe dieser Ergebnisse könnten Empfehlungen formuliert werden, inwiefern Formate verändert bzw. Angebote angepasst werden müssten, um für jene Zielgruppen, die bisher sehr wenig erreicht wurden, interessanter zur werden.

Welchen Stand hat die Arbeit derzeit?

von Schwartz: Die Befragung selbst ist abgeschlossen. Wir konnten unseren ForschungspartnerInnen schon erste Ergebnisse vorstellen. Wir haben uns in der ersten Auswertung noch darauf beschränkt zu beleuchten, welche Formate von welchen Gruppen genutzt werden. Im nächsten Schritt soll der Fokus auf der Gruppe jener liegen, die an keinem der diversen Formate von organisierten Auslandsfahrten teilnehmen. Wir wollen herausfinden, ob es ganz bestimmte Hindernisse sind, die alle Nichtteilnehmenden eint oder ob es sich um ganz verschiedene Gruppen handelt.

Anhand welcher Kriterien wurden die Befragten ausgewählt?

von Schwartz: Wir haben einen repräsentativen Querschnitt der 14- bis 27-Jährigen befragt. Das heißt wir haben eine Stichprobe befragt, die die gleiche demografische Verteilung beim Alter, Geschlecht, Bundesland und Bildung aufweist, wie die Grundgesamtheit in dieser Altersgruppe in Deutschland. Beim Merkmal Bildung genügt es in diesen Fall nicht, Gruppen anhand des höchsten Bildungsabschlusses zu bilden, denn viele in dem Alter haben ihre Bildungslaufbahn ja noch gar nicht abgeschlossen, besuchen noch die Schule oder befinden sich in einer Ausbildung. So war es beispielweise wichtig den besuchten Schulzweig zu ermitteln. Wenn man bedenkt, dass das deutsche Bildungssystem auf Länderebene geregelt wird und dementsprechend vielfältig ist, kann man sich vorstellen, dass das gar nicht so einfach ist.

Und wie kommen Sie an die Jugendlichen heran?

von Schwartz: Dafür haben wir zwei verschiedene Methoden gewählt: Online- und persönliche Befragungen. Die Adressen und Kontaktdaten haben wir über sogenannte Panel-Anbieter bekommen. Sie verfügen über große Datenbanken von Personen, welche sich dafür registriert haben, an Befragungen teilzunehmen. Diese Datenbanken enthalten neben den Kontaktdaten auch noch weitere biographische Hintergrundinformationen wie etwa das Alter, Geschlecht oder den Bildungsgrad der Menschen. Wir haben dann dort repräsentative Quoten angefordert, die der demographischen Zusammensetzung der Gruppe der 14- bis 27-Jährigen in der bundesdeutschen Bevölkerung entsprechen, welche wir wiederum über das statistische Bundesamt ermitteln. Die Fragen selbst wurden dem Großteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen schließlich online übermittelt. Da wir in unserer Untersuchung bevölkerungsrepräsentativ vorgehen wollten, war es wichtig auch jene zu erreichen, die das Internet kaum nutzen. In dieser Altersgruppe sind das natürlich ganz wenige, aber doch zumindest einige. Deswegen haben wir noch eine zweite Methode dazu genommen, die sich CAPI nennt. Das steht für Computer Assistent Personal Interviews, in denen dann die jungen Leuten von Angesicht zu Angesicht interviewt wurden.

Was bleibt noch zu tun, bis Ihr Anteil an der Zugangsstudie abgeschlossen ist?

von Schwartz: Im Grunde genommen sind wir schon ziemlich nah am Ende. Die Erhebung ist abgeschlossen und der Großteil davon ausgewertet. Im nächsten Auswertungsschritt möchten wir uns nun besonders auf zwei Gruppen fokussieren: Zum einen auf jene, die an keinem einzigen Format von organisierten Auslandsfahrten teilgenommen haben und zum anderen auf die der sogenannten untypischen Teilnehmenden. Das sind Personen, deren demographisches Profil auffallend von dem des durchschnittlichen Teilnehmenden abweicht. Von ihnen zu erfahren, was sie zur Teilnahme bewogen hat, ist natürlich besonders interessant.

Gab es bei den bereits vorliegenden Ergebnissen schon etwas Auffälliges?

von Schwartz: Die überwältigende Mehrheit der Teilnehmenden bewertet ihre Erfahrung als sehr positiv. Ein bisschen überraschend für uns war, dass die Gründe oder die Motive für die Teilnahme an solchen Fahrten in erster Linie intrinsisch sind. Obwohl der Jugend häufig nachgesagt wird, sie sei funktional und karrieregesteuert, führten die meisten ihre Teilnahme darauf zurück, dass sie Neues kennenlernen wollten und über den Kontakt mit neuen Leuten eine gute Zeit zu verbringen erhofften. Darüber hinaus stellte sich unsere anfängliche Vermutung, dass verstärkt junge Frauen an organisierten Auslandsfahrten teilnehmen, als falsch heraus. Der Geschlechteranteil ist je nach Format sehr unterschiedlich, bei manchen Formaten sind es mehr junge Männer, die daran teilnehmen, bei anderen viel mehr junge Frauen. Ein spezifisches Schema ließ sich dabei jedoch nicht erkennen.

Lassen sich bereits Antworten auf unsere Ausgangsfrage ableiten?

von Schwartz: Die Auswertungen sind zwar noch nicht ganz abgeschlossen, aber es zeichnet sich bereits ab, dass letztlich doch viele von den Kosten abgeschreckt werden und schlichtweg nicht die Möglichkeit haben teilzunehmen. Viele, die aktuell mit organisierten Fahrten ins Ausland gehen, machen das über schulische Angebote, von denen es auf Gymnasien viel mehr gibt als auf Real- oder Hauptschulen. Die Verfügbarkeit ist einfach nicht in allen Bildungsgruppen gleich gegeben.

Könnte man sagen, dass die Schule eine wesentliche Rolle spielt?

von Schwartz: Es ist wirklich so, die entscheidende Rolle spielt die Schule. Häufig gehen die Angebote von der Schule aus. Wenn es nicht die Angebote selbst sind, so sind es doch die Informationen über Angebote, die in der Schule weitergegeben werden.